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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils IV 2017/332: Versicherungsgericht

Die Chambre des tutelles des Kantonsgerichts behandelt den Einspruch von N.________, der zum Vormund von Q.________ ernannt wurde. N.________ beantragt, von seinem Amt als Vormund entbunden zu werden, da er beruflich und persönlich stark belastet ist. Trotzdem wird seine Ernennung zum Vormund aufrechterhalten. N.________ legt Einspruch ein, da er sich für ungeeignet hält, die Aufgaben des Vormunds zu erfüllen. Die Chambre des tutelles entscheidet, dass N.________ aufgrund seiner beruflichen und persönlichen Belastung nicht als Vormund geeignet ist und seine Ernennung aufgehoben wird.

Urteilsdetails des Kantongerichts IV 2017/332

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2017/332
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2017/332 vom 19.03.2020 (SG)
Datum:19.03.2020
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 28 IVG. Art. 16 ATSG. Invalidenrente der Invalidenversicherung. Einkommensvergleich. Erwerbsfähigkeit. Validität (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. März 2020, IV 2017/332).
Schlagwörter : Franken; Arbeit; IV-act; Richt; Beschwerdeführer; Prozent; Beschwerdeführers; Automechaniker; Rente; Eingliederung; Invalidität; Tätigkeiten; Arbeitsfähigkeit; Betrieb; Eingliederungsmassnahmen; Zentralwert; Invaliditätsgrad; Akten; Person
Rechtsnorm:Art. 16 ATSG ;Art. 7 ATSG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts IV 2017/332

Entscheid vom 19. März 2020

Besetzung

Präsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Karin HuberStuderus; Gerichtsschreiber Tobias Bolt

Geschäftsnr. IV 2017/332

Parteien

A. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Laurent Häusermann, Amparo Anwälte und

Notare, Neugasse 26, Postfach 148, 9001 St. Gallen,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

Gegenstand Rente Sachverhalt

A.

    1. A. meldete sich im Oktober 2016 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an (IV-act. 11). Er gab an, er habe in seinem Herkunftsland eine Berufslehre zum Automechaniker absolviert. Der Neurologe Dr. med. B. hatte im Februar 2016 berichtet (IV-act. 9-19 ff.), ein MRI der Halswirbelsäule habe eine cervicale Myelopathie bei einer spinalen Stenose gezeigt, die auf eine Discushernie C5/6 zurückzuführen sei. Diesbezüglich sei ein neurochirurgischer Eingriff indiziert. In einem Austrittsbericht vom 14. April 2016 hatte die Klinik für Neurochirurgie des Kantonsspitals St. Gallen festgehalten (IV-act. 9-9ff.), am 1. April 2016 sei eine ventrale intercorporelle Dekompression und Fusion in den Segmenten C5/6 und C6/7 durchgeführt worden. Der postoperative Verlauf sei unauffällig gewesen. Der Allgemeinmediziner Dr. med. C. hatte im Juni 2016 auf gute Rehabilitationsfortschritte hingewiesen (IV-act. 9-12). Im August 2016 hatte er festgehalten, dass der Versicherte nach wie vor vollständig arbeitsunfähig sei (IV-act. 9-3). Laut einem Auszug aus den Steuerakten hatte der Versicherte als Selbständigerwerbender in den Jahren 2012-2014 ein steuerbares Einkommen von 4’891 Franken, von 2’648 Franken und von 2’635 Franken erzielt; seine (offenbar nicht im Betrieb des Versicherten tätige) Ehefrau hatte in jenen Jahren einen Lohn von 28’091 Franken, von 30’037 Franken und von 42’942 Franken erzielt (IV-act. 20). Gegenüber einer Eingliederungsberaterin der IV-Stelle gab der Versicherte im Februar 2017 an, dass er sich den Wechsel in eine andere Tätigkeit respektive die Aufgabe seiner selbständigen Erwerbstätigkeit nicht vorstellen könne (vgl. IV-act. 23). Mit einer Mitteilung vom 22. Februar 2017 verneinte die IV-Stelle deshalb einen Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen (IV-act. 24).

    2. Vom 23. Februar 2017 bis zum 10. März 2017 befand sich der Versicherte in einer stationären Rehabilitation in der Klinik Valens. Die behandelnden Ärzte hielten im Austrittsbericht vom 17. März 2017 fest (IV-act. 28), der Versicherte leide an einer cervicalen Myelopathie und an einem lumbo-spondylogenen Syndrom. Die Tätigkeit als Automechaniker sei ihm nicht mehr zumutbar. Da der Gesundheitszustand noch instabil sei, könne nicht abschliessend festgehalten werden, welche anderen Tätigkeiten dem Versicherten in welchem Umfang zumutbar seien. Die stationäre Behandlung habe keinen wesentlichen Erfolg gezeitigt. Vor diesem Hintergrund sei eine erneute neurochirurgische Beurteilung indiziert. Die Klinik für Neurochirurgie des Kantonsspitals St. Gallen berichtete am 9. April 2017 (IV-act. 35-1 ff.), die subjektiven Angaben des Versicherten anlässlich der letzten Untersuchung im Oktober 2016 seien praktisch identisch mit jenen vor der Operation gewesen, was bei Myelopathien häufig der Fall sei. Möglicherweise entspreche der aktuelle Zustand dem „Endzustand“. Ein nach der letzten Untersuchung im Oktober 2016 angefertigtes MRI habe eine unveränderte Myelopathie gezeigt. Als Automechaniker sei der Versicherte weiterhin vollständig arbeitsunfähig. Die Feinmotorik der Hände sei verlangsamt, die Kraftdauer sei vermindert und die Kraft in den Händen sei diffus leicht vermindert. Zur Beantwortung der Frage nach der Arbeitsfähigkeit in einer leidensadaptierten Tätigkeit müsse ein spezialisierter Arbeitsmediziner beigezogen werden. Wenn überhaupt, dann könne die Arbeitsfähigkeit medizinisch nur noch mittels einer Ergound Physiotherapie gesteigert werden. Der Neurologe Dr. B. hatte bereits am 16. Januar 2017 berichtet (IV-act. 38-7 ff.), bei der klinischen Untersuchung sei der musculo-skelettale Status weitgehend unauffällig gewesen. Nur die Innenrotation der linken Hüfte sei deutlich eingeschränkt gewesen. Die elektrophysiologische Zusatzuntersuchung habe für die Nervi tibialis, medianus und ulnaris seitengleich unauffällige Befunde ergeben. Nur in Bezug auf den Nervus ulnaris rechts habe sich hinsichtlich der Latenz und der Amplitude im Seitenvergleich ein leicht pathologischer Befund gezeigt. Zusammenfassend seien die vom Versicherten angegebenen belastenden Beschwerden am rechten Bein nicht mehr vorrangig durch die cervicale Myelopathie bedingt, sondern durch myofasciale Aspekte deutlich überlagert. Am 3. April 2017 hatte Dr. B. mitgeteilt (IV-act. 38-5 f.), die vom Versicherten beschriebene Sensibilitätsstörung an den beiden Händen in der ulnaren Fingergruppe sei im Rahmen

      der pathologischen SEP-Befunde des Nervus ulnaris objektivierbar. Inwiefern sich diesbezüglich noch eine Besserung einstellen werde, sei ungewiss.

    3. Die IV-Stelle verglich das im individuellen AHV-Beitragskonto (IK) für das Jahr 2014 verbuchte Einkommen von 9’333 Franken mit dem statistischen Zentralwert der Hilfsarbeiterlöhne im Jahr 2014 von 66’453 Franken, was einen Invaliditätsgrad von minus 612,02 Prozent ergab (IV-act. 39). Mit einem Vorbescheid vom 2. Juni 2017 teilte sie dem Versicherten mit, dass sie die Abweisung seines Rentenbegehrens mangels eines rentenbegründenden Invaliditätsgrades vorsehe (IV-act. 41). Dagegen wandte der Versicherte am 5. Juli 2017 ein (IV-act. 42), sein Gesundheitszustand habe sich nicht verbessert, sondern verschlechtert. Vor dem Jahr 2013 habe er viel höhere Umsätze erwirtschaftet. Der IV-Stelle müsse klar sein, dass ein gesunder Mensch viel mehr als 9’333 Franken pro Jahr verdiene. Mit einer Verfügung vom 14. Juli 2017 wies die IVStelle das Rentenbegehren des Versicherten ab (IV-act. 43). Bezugnehmend auf die Eingabe des Versicherten vom 5. Juli 2017 hielt sie fest, der IK-Auszug zeige, dass der Versicherte in den Jahren 1998-2006 deutlich höhere Einkommen von zwischen 31’800 Franken und 49’500 Franken, ab dem Jahr 2007 aber nur noch Einkommen von zwischen 8’698 Franken und 9’333 Franken abgerechnet habe. Dieser Rückgang weise keinen Zusammenhang mit der viel später eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigung auf.

B.

    1. Am 14. September 2017 liess der nun anwaltlich vertretene Versicherte (nachfolgend: der Beschwerdeführer) eine Beschwerde gegen die Verfügung vom 14. Juli 2017 erheben (act. G 1). Sein Rechtsvertreter beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Zusprache der gesetzlichen Leistungen. Zur Begründung führte er an, seit Mai 2017 sei klar, dass der Beschwerdeführer seine angestammte Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Die IV-Stelle (nachfolgend: die Beschwerdegegnerin) habe aber trotzdem keinerlei Versuche unternommen, den Beschwerdeführer beruflich wieder einzugliedern, weil dieser noch im Februar 2017 erklärt habe, dass er sich eine Aufgabe seiner selbständigen Erwerbstätigkeit nicht vorstellen könne. Die Beschwerdegegnerin habe den Grundsatz „Eingliederung vor Rente“ verletzt. Sie habe auch ihre Untersuchungspflicht verletzt, denn obwohl Dr.

      B. auf ein abklärungsbedürftiges Hüftleiden hingewiesen habe, habe sie diesbezüglich keinerlei Abklärungen getätigt. Der medizinische Sachverhalt sei nicht einmal durch den IV-internen regionalen ärztlichen Dienst (RAD) abgeklärt worden. Aus den Akten gehe nicht hervor, wie hoch die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in einer leidensadaptierten Tätigkeit sei. Das von der Beschwerdegegnerin berücksichtigte Valideneinkommen könne offensichtlich nicht existenzsichernd und folglich auch nicht massgebend sein. Bei der Krankentaggeldversicherung habe der Beschwerdeführer einen Jahreslohn von 54’000 Franken versichert gehabt.

    2. Die Beschwerdegegnerin beantragte am 15. November 2017 die Abweisung der Beschwerde, soweit überhaupt darauf eingetreten werden könne (act. G 7). Zur Begründung führte sie aus, den Streitgegenstand im vorliegenden Beschwerdeverfahren könne nur ein allfälliger Rentenanspruch des Beschwerdeführers bilden. Da die Zusprache einer Rente nicht zur Diskussion stehe, könnten berufliche Eingliederungsmassnahmen zum Vorneherein nicht zum Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens gehören. Ein aktueller Handelsregisterauszug zeige, dass der Beschwerdeführer seinen Betrieb nicht liquidieren wolle (vgl. IV-act. 54). Die RAD-Ärztin Dr. med. D. habe am 8. November 2017 eine eingehende Aktenwürdigung vorgenommen. Sie habe festgehalten (vgl. IV-act. 55), Dr. B. habe in seinem ausführlichen Bericht vom 16. Januar 2017 lediglich auf degenerative Wirbelsäulenveränderungen und auf eine marginale Einschränkung der Hüftrotation rechts hingewiesen. Diesbezüglich habe kein weiterer Abklärungsbedarf bestanden. Aufgrund der medizinischen Berichte sei unbestritten, dass die angestammte Tätigkeit dem Beschwerdeführer nicht mehr zumutbar sei. Aufgrund der wenigen in den Akten beschriebenen Funktionseinschränkungen könne für eine leidensadaptierte Tätigkeit keine Arbeitsunfähigkeit attestiert werden. Weil der Beschwerdeführer ohne die Gesundheitsbeeinträchtigung weiterhin als selbständiger Automechaniker tätig gewesen wäre, sei das im Jahr 2013 erzielte Einkommen als Valideneinkommen zu berücksichtigen. Der sinngemässe Hinweis des Beschwerdeführers auf sein steueroptimierendes Verhalten helfe ihm nicht weiter. Er müsse sich auf die IK-Einträge behaften lassen. Für die Bestimmung des zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommens sei auf den statistischen Zentralwert der Hilfsarbeiterlöhne abzustellen. Da der Beschwerdeführer nur noch leichte Tätigkeiten ausüben könne, sei

      ein „Leidensabzug“ von zehn Prozent zu berücksichtigen. Der Invaliditätsgrad betrage

      trotzdem null Prozent.

    3. Der Beschwerdeführer liess am 31. August 2018 an seinen Anträgen festhalten und zusätzlich eventualiter die Rückweisung der Sache zu weiteren Abklärungen an die Beschwerdegegnerin beantragen (act. G 18). Zur Begründung liess er geltend machen, die Aktenwürdigung der RAD-Ärztin Dr. D. überzeuge nicht. Auch die Berichte von Dr. B. könnten keine ausreichende Beweisgrundlage bilden, weil dieser weitere Abklärungen empfohlen habe und weil offensichtlich auch orthopädische Beschwerden im Raum gestanden hätten, die von einem Orthopäden hätten abgeklärt werden müssen. Der Neurologe Dr. med. E. habe in einem Bericht vom 11. Januar 2018 festgehalten, dass die grobe Kraft in den Händen über 80 Prozent reduziert sei. Das stehe im Widerspruch zur Angabe von Dr. B. , die Kraft sei ausreichend. Der Vorhalt der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführer habe sich steueroptimierend verhalten, gehe fehl. Der Beschwerdeführer habe nämlich einen Ausbildungsplatz für Lehrlinge in Ausbildung zum Mechatroniker PW eingerichtet, was ab dem Jahr 2007 zu hohen Investitionen geführt habe, die in den Folgejahren hätten abgeschrieben werden müssen. Ab August 2007 habe der Beschwerdeführer einen entsprechenden Ausbildungsplatz eingerichtet, was zu Personalmehrkosten geführt habe. Zudem habe er ab dem Jahr 2009 eine Garage und eine Werkstatt mieten müssen. Die Vergleichseinkommen hätten folglich parallelisiert werden müssen. Der Replik lag unter anderem eine Nachricht von Dr. E. an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vom 28. Januar 2018 bei (act. G 18.1.2), in der Dr. E. ausgeführt hatte, dass er bewusst keine Arbeitsfähigkeitsschätzung abgegeben habe, weil dies nicht Teil der consiliarischen Fragestellung gewesen sei. Diese Frage müsse ohnehin von einer entsprechenden Fachperson beantwortet werden. Die Beschwerden des Beschwerdeführers seien jedenfalls neurologisch nicht vollumfänglich nachvollziehbar.

    4. Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf eine Duplik (vgl. act. G 19 f.).

Erwägungen 1.

Mit der angefochtenen Verfügung vom 14. Juli 2017 hat die Beschwerdegegnerin ein

Rentenbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen. Den Streitgegenstand in diesem Beschwerdeverfahren kann deshalb nur ein allfälliger Rentenanspruch des Beschwerdeführers bilden. Entgegen der vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vertretenen Auffassung besteht keine Möglichkeit der Ausdehnung des Streitgegenstandes auf eine allfällige Pflicht zur Durchführung von beruflichen Eingliederungsmassnahmen, denn die Beschwerdegegnerin hat die Notwendigkeit der Durchführung beruflicher Eingliederungsmassnahmen mit einer Mitteilung vom 22. Februar 2017 verneint. Demnach kann nur strittig sein, ob die Beschwerdegegnerin das Rentenbegehren des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen hat, wobei der Grundsatz der Eingliederung vor Rente (vgl. Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, Vorbemerkungen N 81 ff.) nicht zum Tragen kommen kann. Der Beschwerdeführer hat die Zusprache der gesetzlichen Leistungen beantragt. Seine Ausführungen in der Beschwerdebegründung zeigen, dass er damit auch berufliche Eingliederungsmassnahmen gemeint hat. Auf diesen ausserhalb des Streitgegenstandes liegenden Antrag kann das Gericht nicht eintreten.

2.

    1. Eine versicherte Person hat laut dem Art. 28 Abs. 1 IVG einen Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung, wenn ihre Erwerbsfähigkeit nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder hergestellt, erhalten verbessert werden kann, wenn sie während eines Jahres ohne einen wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig gewesen ist und wenn sie nach dem Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid ist. Für die Bemessung der Invalidität wird gemäss dem Art. 28a Abs. 1 IVG in Verbindung mit dem Art. 16 ATSG das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigung und nach der Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen bei einer ausgeglichenen Arbeitsmarktlage durch eine ihr zumutbare Tätigkeit erzielen könnte, in Beziehung zu jenem Erwerbseinkommen gesetzt, das sie erzielen könnte, wenn sie gesund geblieben wäre.

    2. Der Beschwerdeführer hat in seinem Herkunftsland eine Berufslehre zum Automechaniker absolviert. Dieser Berufsabschluss ist in der Schweiz nicht anerkannt. Allerdings hat der Beschwerdeführer über Jahre hinweg zuerst als Angestellter und ab dem Jahr 1998 als Selbständigerwerbender in der Schweiz als Automechaniker gearbeitet. Im Jahr 2007 ist ihm die Bewilligung erteilt worden, einen Lehrling (seinen Sohn) zum Mechatroniker PW auszubilden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände rechtfertigt sich die Annahme, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Eintrittes

      der Gesundheitsbeeinträchtigung über beruflichen Fähigkeiten verfügt hat, die jenen eines in der Schweiz ausgebildeten Automechanikers entsprochen haben, und dass er folglich einen Lohn eines ausgebildeten Automechanikers mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis hätte erzielen können, wenn er nicht selbständig erwerbstätig, sondern als Arbeitnehmer angestellt gewesen wäre. Gemäss den aktuellsten Ergebnissen der Schweizer Lohnstrukturerhebung (LSE 2016) haben Männer, die in der Branche 46 (Handel und Reparatur von Motorfahrzeugen) praktische Tätigkeiten (Kompetenzniveau 2) verrichtet haben, einen standardisierten Monatslohn von 5’570 Franken verdient. Unter Berücksichtigung der betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,9 Stunden (Branche 46, Jahr 2017) und der Nominallohnentwicklung 2016/2017 (minus 0,2 Prozent; Branche 46) entspricht das einem Jahreslohn von 69’875 Franken. Nach der Auffassung des Bundesgerichtes soll allerdings nicht dieser Lohn, den der Beschwerdeführer als angestellter Automechaniker hätte erzielen können, die valide Erwerbsfähigkeit zum Ausdruck bringen. Die valide Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers soll sich vielmehr nach jenem Einkommen bemessen, das im individuellen AHV-Beitragskonto verbucht worden ist, weil der Beschwerdeführer nicht angestellt, sondern selbständig erwerbstätig gewesen ist. Diese Auffassung (die hier zu einem offensichtlich absurden Invaliditätsgrad von über minus 600 Prozent geführt hat) beruht auf einer allzu rigiden, einzig dem Wortlaut Rechnung tragenden Interpretation des Art. 25 Abs. 1 Satz 1 IVV. Die massgebende Erwerbsunfähigkeit besteht nämlich gemäss dem Art. 7 Abs. 1 ATSG für Arbeitnehmer wie für Selbständigerwerbende in einem Verlust von Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden allgemeinen und ausgeglichenen Arbeitsmarkt. Es ist gerichtsnotorisch, dass der Reingewinn der Selbständigerwerbenden sehr oft nicht dem effektiven ökonomischen Gegenwert der von der selbständigerwerbenden Person persönlich erbrachten Arbeitsleistung entspricht. Der Reingewinn einer selbständigerwerbenden Person beruht nämlich nicht nur auf deren persönlicher Arbeitsleistung, sondern auch auf dem Ertrag, den die Investitionen in den Betrieb abwerfen, auf dem ökonomischen Mehrwert der Arbeitsleistung der Angestellten, auf dem Gegenwert einer unentgeltlichen Mithilfe von Familienangehörigen, auf nicht direkt mit der geleisteten Arbeit zusammenhängenden Unternehmensgewinnen Unternehmensverlusten und auf anderen Aufwänden und Erträgen. Ob aus der Gegenüberstellung von Aufwand und Ertrag überhaupt ein Unternehmensgewinn resultiert und wie hoch dieser ausfällt, hängt zudem von konjunkturellen strukturellen Einflüssen ab, die von der selbständigerwerbenden Person kaum gar nicht beeinflusst werden können (vgl. SVR 2018 IV Nr. 64). Der ökonomische Invaliditätsbegriff lässt es deshalb offensichtlich nicht zu, den Reingewinn einer selbständigerwerbenden Person als Valideneinkommen zu qualifizieren. Erst recht gilt das für einen trotz eines uneingeschränkten

      Arbeitseinsatzes der selbständigerwerbenden Person resultierenden Verlust, der beispielsweise auf die Uneinbringlichkeit einer hohen Forderung gegen einen Debitoren zurückzuführen ist. Bei der Ermittlung des Valideneinkommens muss daher statt vom Reingewinn/Reinverlust von jenem (fiktiven) Lohn ausgegangen werden, den der Beschwerdeführer einem Angestellten hätte bezahlen müssen, der seine Arbeit ausgeführt hätte. Massgebend kann dabei selbstverständlich nur der strikt betriebswirtschaftlich-ökonomisch bemessene Lohn sein, den der Betrieb des Beschwerdeführers einem angestellten Automechaniker hätte bezahlen müssen (vgl. zum Ganzen Ralph Jöhl, Die Invaliditätsbemessung bei selbständig Erwerbstätigen in der IV, in: JaSo 2014, S. 159 ff.). Für einen durchschnittlich leistungsfähigen Automechaniker hätte der Betrieb des Beschwerdeführers den statistischen Zentralwert aller Automechanikerlöhne bezahlen müssen, also gemäss der obigen Berechnung 69’875 Franken. Dieser statistische Zentralwert entspricht damit sowohl dem betriebswirtschaftlich-ökonomischen Wert der Arbeitsleistung, die der Beschwerdeführer (anstelle eines Angestellten) in seinem Betrieb erbracht hat, als auch jenem Lohn, den der Beschwerdeführer erzielt hätte, wenn er nicht im eigenen Betrieb, sondern als Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb gearbeitet hätte. Folglich muss der statistische Zentralwert von 69’875 Franken als Valideneinkommen in den Einkommensvergleich eingesetzt werden.

    3. Aus den medizinischen Akten geht hervor, dass dem Beschwerdeführer die angestammte Tätigkeit als Automechaniker nicht mehr zumutbar ist. Ohne berufliche Eingliederungsmassnahmen bleibt dem Beschwerdeführer nichts anderes übrig, als eine ideal leidensadaptierte Hilfsarbeit zu verrichten. Der statistische Zentralwert der Hilfsarbeiterlöhne hat sich im Jahr 2016 auf 5’340 Franken pro Monat belaufen (LSE 2016, TA1, alle Branchen), was unter Berücksichtigung der betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,7 Stunden im Jahr 2017 (alle Branchen) und der Nominallohnentwicklung 2016/2017 von minus 0,2 Prozent (alle Branchen) einem Jahreslohn für das Jahr 2017 von 66’670 Franken entspricht. Für die Bestimmung der medizinisch-theoretischen Arbeitsfähigkeit kann hier ausnahmsweise auf die Berichte der behandelnden Ärzte abgestellt werden, weil es sich um eine klar abgegrenzte, nicht komplexe Gesundheitsschädigung handelt, die von den behandelnden Ärzten in deren Berichten umfassend geschildert worden ist. Gemäss dem ausführlichen, sorgfältig erarbeiteten und überzeugenden Bericht von Dr. B. vom 16. Januar 2017 können dem Beschwerdeführer leidensadaptierte Tätigkeiten uneingeschränkt zugemutet werden. Der von Dr. B. umfassend erhobene, ausführlich beschriebene und für die Arbeitsfähigkeitsschätzung ausschlaggebende objektive klinische Befund ist nämlich weitgehend unauffällig gewesen, weshalb kein Anhaltspunkt vorgelegen hat, der es

      gerechtfertigt hätte, für eine ideal leidensadaptierte Tätigkeit von einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit auszugehen. Daran ändert der Hinweis von Dr. B. , dass bezüglich der verminderten Beweglichkeit der rechten Hüfte weitere Abklärungen indiziert seien, nichts, denn dieser Hinweis ist nicht als arbeitsfähigkeitsrelevant zu interpretieren, weil sich diese leichte Bewegungseinschränkung nicht auf die Arbeitsfähigkeit in einer ideal leidensadaptierten Tätigkeit auswirken kann. Der Hinweis von Dr. B. ist als eine therapeutische Empfehlung zu verstehen; eine allfällig indizierte Therapie würde nur das Wohlbefinden des Beschwerdeführers, aber nicht dessen Arbeitsfähigkeit in einer ideal leidensadaptierten Tätigkeit steigern. Der Umstand, dass Dr. B. an einer Stelle sich im Sinne eines offensichtlichen Versehens auf die linke statt auf die rechte Hüfte bezogen hat, schmälert die Überzeugungskraft der Ausführungen von Dr. B. nicht. Der Bericht von Dr. B. ist zusammen mit den übrigen Berichten der behandelnden Ärzte von der RAD-Ärztin Dr. D. in einer eingehenden und überzeugenden Aktenwürdigung als beweiskräftig qualifiziert worden, weshalb gestützt auf die medizinischen Akten mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der Beschwerdeführer uneingeschränkt arbeitsfähig für ideal leidensadaptierte Tätigkeiten gewesen ist. Der Rechtsvertreter hat den Hinweis von Dr. E. , dass sich die Beschwerden aus neurologischer Sicht nicht vollständig erklären liessen, offensichtlich fehlinterpretiert, denn damit hat Dr. E. zum Ausdruck bringen wollen, dass der wenig aussagekräftige objektive klinische Befund nicht mit den subjektiven, schwerwiegenden Angaben des Beschwerdeführers korreliert hat. Diesbezüglich muss also eine subjektive Symptomausweitung eine Beschwerdeverdeutlichung vorgelegen haben. In den Akten findet sich jedenfalls kein Hinweis, der Zweifel an der überzeugend begründeten Schlussfolgerung von Dr. D. wecken würde, der Beschwerdeführer sei uneingeschränkt arbeitsfähig für ideal leidensadaptierte Tätigkeiten. Allerdings ist davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer aufgrund der ausgewiesenen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die sich auch auf leichte Tätigkeiten auswirken (insbesondere die verminderte Feinmotorik der Hände), nur in der Lage sein wird, eine Arbeitsleistung zu erbringen, deren betriebswirtschaftlich- ökonomischer Wert unter dem Zentralwert liegt. Diesem Umstand ist mit einem Tabellenlohnabzug Rechnung zu tragen, worauf auch die Beschwerdegegnerin (allerdings unter dem missverständlichen Begriff „Leidensabzug“) hingewiesen hat. Ein Abzug von mehr als zehn Prozent ist nicht gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer ist folglich in der Lage, ein Invalideneinkommen von mindestens 90 Prozent des statistischen Zentralwertes der Hilfsarbeiterlöhne zu erzielen. Das zumutbarerweise erzielbare Invalideneinkommen beträgt folglich mindestens 60’003 Franken.

    4. Bei einem Valideneinkommen von 69’875 Franken und einem zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommen von mindestens 60’003 Franken resultiert ein Invaliditätsgrad von maximal 14,13 Prozent. Da erst ab einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent ein Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung besteht, erweist sich die angefochtene Verfügung im Ergebnis als rechtmässig. Selbst wenn für die Bestimmung des Valideneinkommens davon ausgegangen würde, dass der Beschwerdeführer im angestammten Beruf Tätigkeiten entsprechend dem Kompetenzniveau 3 (komplexe praktische Tätigkeiten, die ein grosses Wissen in einem Spezialgebiet erfordern) hätte verrichten und folglich einen Lohn von 7’021 Franken pro Monat (standardisiert) beziehungsweise von 88’077 Franken pro Jahr (zur Berechnung vgl. E. 2.2) hätte erzielen können, würde kein rentenbegründender Invaliditätsgrad resultieren. Die Erwerbseinbusse betrüge bei dieser Annahme nämlich maximal 28’074 Franken, was einem Invaliditätsgrad von maximal 31,87 Prozent entsprechen würde.

3.

Die Beschwerde ist, soweit auf sie eingetreten werden kann, abzuweisen. Die Gerichtskosten von 600 Franken sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen. Sie sind durch den von ihm geleisteten Kostenvorschuss von 600 Franken gedeckt. Der unterliegende Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Entscheid

1.

Die Beschwerde wird, soweit auf sie eingetreten werden kann, abgewiesen.

2.

Der Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten von 600 Franken zu bezahlen; diese Kosten sind durch den von ihm geleisteten Kostenvorschuss von 600 Franken gedeckt.

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